Ausgegliedert!

Ausgliederung von Unternehmensteilen - Ja oder Nein?

Beschäftigt Sie die Frage, ob es Sinn macht die Rechtsform Ihres Vereins zu ändern oder auch Unternehmensteile auszugliedern? Wenn ja, welche Rechtsform wäre strategisch und aus wirtschaftlicher Sicht am sinnvollsten? Am 27. Juni 2012 wird das „Für und Wider“ einer Ausgliederung thematisiert und hilft bei der Entscheidungsfindung. Am nächsten Tag erhalten Sie Unterstützung bei der Praktischen Umsetzung der Ausgliederung von Unternehmensteilen.

Wir haben vorab zum einen den Dozenten Ferdinand Schäffler, Sozialwirt und Organisationsberater zu dem Thema befragt zum anderen Ralph Schneider, Geschäftsführer der Lebenshilfe in Voelklingen, der eine Ausgliederung hinter sich hat. Von Ferdinand Schäffler wollten wir gerne wissen, ob ein e.V. noch zeitgemäß, warum eine Ausgliederung wohl überlegt sein sollte und was das Seminar konkret bietet. Ralph Schneider skizziert im Gegenzug seine Erfahrung der Ausgliederung. Was hätte er gerne vorher gewusst und welchen Tipp kann er Kollegen geben, die vor dieser Entscheidung stehen.

Fragen an Ralph Schneider, Geschäftsführer der Lebenshilfe in Voelklingen gGmbH

PAS: Was war die größte Herausforderung bei der Ausgliederung?

RS: Innerhalb relativ kurzer Zeit (zu wenig Vorplanungszeit) alle beteiligten Menschen mit ins Boot zu nehmen: interne Stakeholder wie z.B.: Vorstand Lebenshilfe e.V. Völklingen, Mitglieder, Betriebsrat  und die Mitarbeiter der Lebenshilfe e.V. Völklingen.

Hierbei ist zu beachten, dass neben formalen Dingen wie Übernahme von Arbeitsverträgen einige intensive Gesprächsrunden und Infoveranstaltungen mit einzuplanen sind, ggf. auch Widerstände zu erwarten sind.

Ebenso sollte nicht unterschätzt werden, dass „Begleitphänomene“ wie z.B.: neues Geschäftspapier, neue Emails, neue Verteiler, Information von Kunden, Banken, Krankenkassen, Geschäftspartnern und Kostenträgern zeitnah erledigt werden müssen.

PAS: Was hätten Sie gerne vorher gewusst?

RS: Mein ursprünglicher Gedanke alle operativen Geschäftsfelder von der Lebenshilfe e.V. Völklingen in die neu gegründete Lebenshilfe Völklingen gGmbH zu übernehmen, konnte nicht umgesetzt werden.

Hintergrund: Nach Rücksprache mit Beratern ist es i.S. des Schutzes der Gemeinnützigkeit immer ratsam dass wenigstens ein (wenn auch kleiner) operativer Teil der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit beim e.V. verbleibt, um eine satzungskonforme Tätigkeit überhaupt nachweisen zu können.

In unserem Fall haben wir diesbezüglich unseren hauseigenen Fahrdienst beim e.V. belassen.

Ebenso ist es ratsam den Gesellschaftervertrag einer neu zu gründenden gGmbH in Bezug auf die Rechte des/ der Geschäftsführer so zu formulieren, dass keine generelle Befreiung des Geschäftsführer vom § 181 BGB formuliert wird. Mögliche Förderinstitutionen wie z.B. Aktion Mensch verlangen dies, ansonsten sind zukünftige Antragsstellungen und Förderungen ggf. gefährdet. Dies hat bei uns intern dazu geführt, dass wir den Gesellschaftervertrag innerhalb von einigen Wochen neu anpassen mussten.

Auch sollte Bedacht werden, ob  eine neu zu gründende gGmbH über ausreichend Startkapital (mal abgesehen von den 25.000 € Gründungskosten) verfügt, um die laufenden Kosten wirklich von Anfang an komplett stemmen zu können. Hierbei sind auch Darlehen seitens der Gesellschafterin (in unserem Falle die Lebenshilfe e.V. Völklingen) an die gGmbH möglich, allerdings gibt es hierbei klare Zuschusshöhen bzgl. frei verfügbarer Rücklagen. Ebenso müssen andere Zuschüsse auch innerhalb feststehender Zeiträume zurückgezahlt werden. Hierbei bitte immer frühzeitig den Steuerberater oder andere Fachleute mit ins Boot nehmen.

PAS: Ein Tipp an alle, die über eine Ausgliederung nachdenken bzw. eine Ausgliederung planen?

RS: Es ist hierbei günstig eine zeitlich größere Vorlaufzeit mit einzuplanen, um wirklich alle notwendigen Faktoren einplanen und auch überprüfen zu können. Denn: Das Tagesgeschäft  “läuft immer weiter und nimmt keine Rücksicht“.


Fragen an den Dozenten Ferdinand Schäffler, Sozialwirt und Organisationsberater

PAS: Warum sollte die Entscheidung, Unternehmensteile auszugliedern wohl überlegt sein? 

FS: Kulturveränderung & Imageschäden: Ausgründungen bieten große Chancen Unternehmen in einer dynamischen Umwelt agiler zu machen in dem Entscheidungsprozesse beschleunigt und Entscheidungsträger professionalisiert werden.  Tarifflucht oder die Vermeidung von Betriebsräten führen hinsichtlich des Unternehmenserfolgs meist nur zu kurzfristigen Verbesserungen die weder ökonomisch noch ideell von Nachhaltigkeit zeugen.

Publizitätspflichten: Die neue Rechtsform hat auch zahlreiche Pflichten im Gepäck. Im Kontext des Gläubigerschutzprinzips werden Unternehmensdaten (Bilanzen) jährlich veröffentlicht. Hinzu kommt in der Regel die Pflicht zur doppelten Buchführung, die deutlich komplexer ist als eine einfache Einnahme-Überschuss-Rechnung des E.V.

Gerade für kleinere Organisationen dürfen auch die Kosten einer Ausgründung nicht aus dem Blick verlorene werden. Neben Beratungskosten für die Prozessbegleitung kommen auch Ausgaben für Steuerberater, Notar, Wirtschaftsprüfer und die Neugestaltung von Marketing- und Imagematerialien hinzu.

PAS: Ist gerade in der heutigen Zeit durch den ökonomischen Wandel in der Sozialwirtschaft die Rechtsform eines e.V. nicht längst überholt und behindert die weitere Entwicklung von sozialen Einrichtungen?

FS: Der e. V. ist bei weitem nicht überholt, aber eben nicht für jedes Unternehmen passend. Gerade in sozialraumorientierten Angeboten macht der e. V. – auch hinsichtlich des Fundraising-Potentials – eine gute Figur. Bei Wachstum bewirkt die Komplexität dieser Rechtsform, gerade in dynamischen Umwelten die schnelles Handeln erfordern, häufig eine Überforderung der Organisation. Entscheidungswege stocken und es treten sog. Flaschenhalsphänomene – i. d. R. auf Vorstandebene - auf. 

Häufig sind Positionen von Entscheidungsträgern im e. V. nicht mit Profis aus der Sozialwirtschaft, sondern mit eher altruistisch motivierten Initiatoren besetzt, die nicht in jedem Fall das sozialrechtliche, politische und betriebswirtschaftliche Know-How für die Unternehmensführung mitbringen. Aber auf Dauer hält ein starkes Herz einen schwachen Organismus nicht am Leben. Die Ausgründung in eine gemeinnützige GmbH wird in diesen Zusammenhängen fälschlicherweise als Allheilmittel angepriesen. Fakt ist, dass die Entscheidung für oder gegen eine Ausgründung immer für den Einzelfall anhand innerer und äußerer Faktoren bewertet werden muss. Entsprechende Techniken hierzu, werden im Seminar vermittelt und erprobt.

PAS: Welche Hilfestellungen erhalten Teilnehmer/-innen des Seminars „Praktische Umsetzung der Ausgliederung von Unternehmensteilen“?

Analyse-, Planungs- und Entscheidungstechniken aus der Beratungspraxis werden vorgestellt. Anhand von Fallstudien werden typische Chancen und Risiken von Ausgründungsprozessen verdeutlicht. Dabei spielen neben betriebswirtschaftlichen Faktoren insbesondere Kultur- und Kommunikationsthemen eine zentrale Rolle. 

Teilnehmer können eigene Ausgründungsabsichten in den Workshop einfließen lassen und reflektieren. Sie nehmen so einen Fahrplan und Methodenkoffer für die eigene Umsetzungsstrategie im Unternehmen mit.

Ausgliederung von Unternehmensteilen eines e.V. in eine (g)GmbH und andere Rechtsformen
27.06.2012, Heidelberg
Anmeldeschluss: 27.05.2012

Die Praktische Umsetzung der Ausgliederung von Unternehmensteilen
28.06.2012, Heidelberg
Anmeldeschluss: 28.05.2012

 

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